23.01.2025

BWKG: Erwartungen an die nächste Bundesregierung

Scheffold: Krankenhäuser, Reha-Kliniken und Pflegeeinrichtungen brauchen schnelle Gesetzesänderungen

„Für die Menschen im Land haben die medizinische Versorgung, Gesundheit und Pflege eine sehr hohe Priorität. Das zeigen Umfragen immer wieder. Die aktuelle Lage ist aber sehr schwierig und die nächste Bundesregierung muss sich sofort nach der Wahl darum kümmern“, fordert Heiner Scheffold, der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG). In drei Jahren Ampelregierung seien viele drängende Probleme der Krankenhäuser, Reha-Kliniken und Pflegeeinrichtungen im Land nicht gelöst worden. So bestehe weiterhin dringender Handlungsbedarf bei der unzureichenden Finanzierung, dem Personalmangel und der überbordenden Bürokratie. Die BWKG hat die zentralen Erwartungen der baden-württembergischen Gesundheitseinrichtungen an die nächste Bundesregierung formuliert:

„Die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser in Baden-Württemberg muss schnell und nachhaltig verbessert werden. Denn die Situation der Kliniken ist dramatisch: Sie haben die Jahre 2023 und 2024 mit Rekorddefiziten abgeschlossen und für 2025 ist bislang keine Besserung in Sicht. Eine Stabilisierung der Klinikfinanzen ist Voraussetzung für eine geordnete Krankenhausreform. Ohne diese Stabilisierung werden aufgrund von finanziellen Problemen womöglich Standorte geschlossen, die wir künftig für die Versorgung unbedingt brauchen, oder es werden ungesteuert medizinische Leistungen abgebaut. Daher muss die nächste Bundesregierung den Landesbasisfallwert in einem ersten Schritt dauerhaft um vier Prozent erhöhen“, so der BWKG-Vorstandsvorsitzende. Außerdem sei es überfällig, dass die Finanzierung der überdurchschnittlich hohen Personal- und Sachkosten im Land und die bereits erreichten Fortschritte im Strukturwandel in der Krankenhausfinanzierung berücksichtigt werden.

„Auf den Prüfstand gehört auch die Krankenhausreform, die kurz vor dem Ende der Ampelregierung durch das Gesetzgebungsverfahren gepeitscht wurde. Sie hat trotz richtiger Ziele in der Ausgestaltung viele Schwächen und Lücken. Die Bundesregierung muss schnell handeln und beispielsweise die völlig falsch konstruierte Vorhaltefinanzierung überarbeiten“, so Scheffold. Die Umstellung der Planung auf Leistungsgruppen sei grundsätzlich sinnvoll. Das mit dem Gesetz überhastet und ungeprüft eingeführte System müsse jedoch an vielen Stellen überarbeitet werden. Andernfalls seien Fehlplanungen mit erheblichen volkswirtschaftlichen Kosten und negativen Auswirkungen auf die Patientenversorgung vorprogrammiert. „Sorgfalt muss hier unbedingt vor Schnelligkeit gehen!“ betont Scheffold. Prämissen bei der Überarbeitung der Reform müssten die Sicherstellung der Versorgung, die Wahrung der Länderkompetenzen und die Vermeidung von Bürokratie sein. Der „kalte Strukturwandel“ durch Unterfinanzierung müsse gestoppt werden.

„Die Reha-Kliniken im Land arbeiten auf einem hervorragenden medizinischen Niveau und Reha rechnet sich volkswirtschaftlich. Sie hilft den Menschen, entlastet die Sozialversicherungen und ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor“, so der Vorstandsvorsitzende. Gefordert werde von der nächsten Bundesregierung beispielsweise die Möglichkeit, unter den zugelassenen Reha-Kliniken frei wählen zu können, ohne dass den Patienten zusätzliche Kosten entstehen. Außerdem müsse es endlich möglich sein, dass die Ärztinnen und Ärzte Reha- und Vorsorgemaßnahmen für alle Indikationen direkt verordnen können. Und schließlich müssten auch Reha-Kliniken endlich Pflegekräfte ausbilden dürfen, um dem großen Fachkräftemangel zu begegnen. Ein Ziel, dass die „Ampel“ selbst formuliert, aber nie umgesetzt hat.

„Die medizinische Rehabilitation muss endlich die Aufmerksamkeit und Unterstützung erhalten, die sie verdient. Fast 42 Prozent der Reha-Kliniken im Land befürchten für das Jahr 2025 rote Zahlen“ , so Scheffold weiter. Die politisch Verantwortlichen gingen davon aus, dass die Reha-Kliniken die Kostensteigerungen 1:1 in den Vergütungsverhandlungen umsetzen könnten. In der Praxis sei dies aber unmöglich. Scheffold: „Die Reha-Kliniken brauchen unbedingt einen gesetzlichen Anspruch auf eine leistungsgerechte Vergütung, der gegenüber den Kostenträgern auch tatsächlich durchgesetzt werden kann.“

„Damit die Pflegeeinrichtungen ihre wichtigen Aufgaben auch tatsächlich erfüllen können, muss die angekündigte und auch dringend notwendige Reform der Finanzierung der Pflegeversicherung zügig umgesetzt werden“, so Scheffold. Notwendig sei eine Entlastung der Pflegeversicherung von den Kosten der Behandlungspflege. Außerdem müsste der Eigenanteil der Pflegebedürftigen festgeschrieben werden.

„Wie schwierig die Personalsituation in den Pflegeeinrichtungen ist, haben die Ergebnisse des jüngsten BWKG-Indikators wieder sehr deutlich gezeigt“, so Scheffold weiter. 93,2 % der Geschäftsführungen von Pflegeeinrichtungen geben an, dass es schwierig oder eher schwierig ist, offene Stellen für Pflegefachkräfte zu besetzen. 54,6 % berichten von Schwierigkeiten bei der Suche nach Pflegehilfskräften und 59,8 % bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen in der Pflege. 45,9 % haben Schwierigkeiten bei der Besetzung von Stellen in Hauswirtschaft, Technik und Verwaltung (BWKG-Indikator 2/2024). Ein wichtiger Punkt für die Pflegeeinrichtungen ist, die bundesweite Ausbildung der Pflegehilfskräfte auf ein Jahr zu begrenzen und unnötige Vorgaben hierfür zu vermeiden.

„Der Personalmangel ist für die Gesundheitseinrichtungen generell ein Problem“, unterstreicht der BWKG-Vorstandsvorsitzende. Es müssen die Weichen für eine ausreichende Personalausstattung der Krankenhäuser, Reha-Kliniken und Pflegeeinrichtungen in allen erforderlichen Qualifikationsstufen gestellt werden. Dazu müsse neben der Ausbildung von Pflegefachkräften auch die Ausbildung von Pflegehilfskräften intensiviert und die Anerkennung ausländischer Fachkräfte beschleunigt werden. Die Bedeutung akademisch qualifizierter Pflegefachkräfte könnte in Zukunft ebenso wie die der Pflegehilfskräfte weiter zunehmen.

„Eine Erwartung an die nächste Bundesregierung ist, dass sie endlich ernst macht mit dem Bürokratieabbau“, so Scheffold abschließend. Wenn Pflegekräfte und Ärzte rund ein Drittel ihrer Zeit mit steigender Tendenz für Bürokratie verbringen und so immer weniger Zeit für die Patienten oder die Bewohner hätten, sei es kein Wunder, wenn sie weniger im eigentlichen Berufsfeld arbeiten wollen. Hier müsse die Politik endlich ansetzen. Die bestehenden bürokratischen Belastungen müssten systematisch reduziert werden und es dürfe keine zusätzlichen bürokratischen Belastungen geben.


Die Erwartungen an die nächste Bundesregierung wurden für die Krankenhäuser, die Reha-Kliniken und die Pflegeeinrichtungen in eigenen Papieren zusammengefasst (Anlagen).