Bundessozialgericht definiert Rahmen für Festlegung von Pflegesätzen durch die Schiedsstelle
BWKG: Unterschiedliche Strukturen bedingen unterschiedliche Preise
(Stuttgart) – Das Bundessozialgericht in Kassel hat gestern zur Rechtmäßigkeit von drei Beschlüssen der baden-württembergischen Schiedsstelle für Pflegeheime die Urteile verkündet. Mit den Urteilen wird der Rahmen für die zukünftige Festlegung der Pflegesätze durch die Schiedsstelle definiert. „Aus Sicht der Pflegeheime sind die Urteile zwiespältig zu beurteilen“, meint der Verbandsdirektor der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Matthias Einwag.
Positiv sei die folgende Klarstellung des Bundessozialgerichts: Wenn ein Heim höhere Personalkosten hat, weil es tarifgebunden ist oder ortsübliche Gehälter zahlt, darf es höhere Preise haben als Pflegeinrichtungen mit niedrigeren Personalkosten. Dieser Punkt hatte in der Vergangenheit zu einer Vielzahl von gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt. Strittig war, ob die höheren Preise wirtschaftlich angemessen sind. „Unterschiedliche Personalkosten müssen unterschiedliche Preise zur Folge haben“, betont Einwag, dessen Verband mehr als 300 Pflegeeinrichtungen vertritt. Ein Pflegeheim, das beispielsweise nach dem Tarif im öffentlichen Dienst (TVöD) bezahle, müsse mit Personalkostensteigerungen zwischen 8 % und 9 % für die Jahre 2008 und 2009 fertig werden. Ein nicht tarifgebundenes Heim habe möglicherweise keine Steigerungsraten in dieser Höhe.
Negativ an dem BSG-Urteil sei, dass die Größe des Pflegeheims bei der Festsetzung der Pflegesätze nicht berücksichtigt werden solle. Dabei sei es logisch, dass kleinere Einrichtungen durchschnittlich höhere Kosten je Pflegeplatz hätten als größere, so der Verbandsdirektor. So würden beispielsweise die Kosten für den Heimleiter oder die Pflegedienstleitung auf eine geringere Zahl von Bewohnern verteilt. Gerade in Baden-Württemberg gäbe es neben großen auch viele kleine, wohnortnahe Einrichtungen. Diese Struktur soll es den alten Menschen ermöglichen, auch noch im Alter in der Nähe ihrer Verwandten und Freunde zu bleiben.
Im Gegensatz zu anderen Unternehmen kann das Pflegeheim keine Mitarbeiter entlassen, wenn die Kosten zu stark steigen. Um die Qualität zu sichern, sind die Pflegeheime gesetzlich verpflichtet, mit den Pflegekassen und den Sozialhilfeträgern einen Personalschlüssel zu vereinbaren. Darin wird genau festgelegt, wie viele Pflegekräfte das Heim je Bewohner beschäftigen muss und welche Qualifikation sie haben müssen. Der Personalschlüssel wird verbindlich vereinbart und muss eingehalten werden. Eine solche Vereinbarung sei aber nur unter der Voraussetzung tragfähig, dass sie auch finanziert wird, unterstreicht der Verbandsdirektor.
Die Höhe der Pflegesätze wird vor Ort verhandelt. An diesen Verhandlungen sind die Kostenträger (Kommunalverband für Jugend und Soziales, Stadt- oder Landkreis, Pflegekassen) und die jeweiligen Pflegeheime beteiligt. Wenn vor Ort keine Einigung erzielt werden kann, wird die Schiedsstelle nach § 76 SGB XI angerufen. Sie ersetzt die fehlende Einigung durch einen Schiedsspruch. Bei der baden-württembergischen Schiedsstelle waren in den vergangenen Monaten über 150 Verfahren von stationären Pflegeeinrichtungen und rund 80 von ambulanten Pflegediensten anhängig.