Piepenburg: Alle Kliniken müssen Erlösrückgänge in 2021 aufgefangen und finanziert bekommen
(Stuttgart, 22.02.2021) – „Im Januar 2021 sind Belegung und Einnahmen der Krankenhäuser im Land um durchschnittlich jeweils 20 % gesunken. Die Einnahmeausfälle belaufen sich auf rund 177 Mio. Euro - nur in diesem einen Monat. Dass nur die Hälfte der Einnahmeausfälle vom aktuellen Krankenhausrettungsschirm abgedeckt wird, ist absolut unzureichend“, macht der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, Detlef Piepenburg, zu den Ergebnissen einer aktuellen BWKG-Umfrage deutlich. „Die Löcher im Krankenhaus-Rettungsschirm müssen schnellstens geschlossen werden“, fordert Piepenburg.
Piepenburg weist auf drei grundsätzliche Konstruktionsfehler des aktuellen Rettungsschirms hin: Zum einen werden viele Kliniken gar nicht erfasst, denn fast ein Drittel der Erlöseinbrüche entsteht in Kliniken, die überhaupt keine Unterstützung erhalten. „Dies trifft in besonderer Weise auf die psychiatrischen Kliniken zu, die derzeit völlig ohne Unterstützung dastehen“, unterstreicht Piepenburg. Tatsächlich seien alle Kliniken von Erlösrückgängen betroffen, etwa weil sie COVID-19-Patientinnen und -Patienten behandeln, weil sie andere Krankenhäuser entlasten, weil sie planbare Operationen verschieben, weil sie ihre Häuser aufgrund von Hygienemaßnahmen nicht voll auslasten können oder weil Patienten die Krankenhäuser von sich aus nicht aufsuchen.
Zweitens, so Piepenburg weiter, seien die Hürden für die Unterstützungszahlungen zu hoch, zu kompliziert und nicht sachgerecht: Die Krankenhäuser erhalten nur dann Hilfe, wenn die 7-Tage-Inzidenz in ihrer Region über 70 liegt, wenn gleichzeitig die Intensivstationen weniger als 25 % ihrer Betten frei haben und das Krankenhaus der erweiterten oder umfassenden Notfallstufe zugeordnet ist. Viele Kliniken können diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Schon aufgrund der Tatsache, dass aktuell nur noch zwei Landkreise in Baden-Württemberg über einer Inzidenz von 70 liegen, würden demnächst die meisten Kliniken im Land keinerlei Ausgleichszahlungen mehr erhalten.
Drittens hätten die Häuser keine Planungssicherheit, weil die Unterstützungszahlungen immer nur für einige Wochen zugesagt werden – aktuell bis zum 11.04.2021.
„Es darf nicht sein, dass die Krankenhäuser mit den finanziellen Folgen der Corona-Pandemie jetzt ganz oder teilweise allein gelassen werden. Die Krankenhäuser brauchen und erwarten jetzt zu Recht einen echten Rettungsschirm, der alle Häuser unterstützt und sicherstellt, dass die Mindererlöse für das gesamte Jahr 2021 ausgeglichen werden“, fordert der BWKG-Vorstandsvorsitzende und Landrat des Landkreises Heilbronn. Stattdessen werde vom Bundesgesundheitsminister in einem Referentenentwurf lediglich vorgeschlagen, die aktuell gültigen und völlig unzureichenden Ausgleichszahlungen des Krankenhausrettungsschirms bis zum 11.04.2021 zu verlängern. Damit würden nach der Überzeugung von Piepenburg keine der bestehenden Probleme gelöst.
Am 24.02.2021 soll der Expertenbeirat in Berlin eine Empfehlung auf Basis eines ausstehenden Gutachtens über die wirtschaftliche Gesamtentwicklung der Krankenhäuser unter Corona im Jahr 2020 beraten. „Diese Chance, die Weichen so zu stellen, dass alle Krankenhäuser finanziell möglichst unbeschadet durch das zweite Corona-Jahr kommen, muss unbedingt genutzt werden“, so Piepenburg. Die Krankenhäuser verließen sich auch weiterhin auf die Aussage des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn, der im März 2020 schriftlich zugesichert hatte, „dass entstehende wirtschaftliche Folgen für die Krankenhäuser ausgeglichen werden und kein Krankenhaus dadurch ins Defizit kommt.“
Piepenburg: „Wir fordern eine Liquiditätshilfe 2021 für alle Krankenhäuser, unabhängig von den Notfallstufen, lnzidenzen und lntensivauslastungen, verbunden mit einem verpflichtenden Ganzjahresausgleich 2021. Zudem ist eine Entlastung von Bürokratie und nicht zwingend notwendigen Dokumentations- und Nachweisverpflichtungen notwendig, um Personal nicht zusätzlich zu binden, das dringend in der Versorgung benötigt wird.“
Zur Umfrage: An der BWKG-Umfrage haben 62 Krankenhäuser aus Baden-Württemberg mit über 23.000 Betten teilgenommen.
Rücklaufquote der Umfrage (gemessen an der Zahl der Planbetten): 40,8 %
Erlösrückgänge im Bereich der stationären und teilstationären Versorgung im Januar 2021 ggü. Januar 2020 (Hochrechnung für Baden-Württemberg): 145 Mio. Euro
(entspricht 19,0 %)
Erlösrückgänge in sonstigen Bereichen (ambulante Leistungen, Wahlleistungen usw.) im Januar 2021 ggü. Januar 2020 (Hochrechnung für Baden-Württemberg): 32 Mio. Euro
(entspricht 23,9 %)
Erlösrückgang gesamt Januar 2021 ggü. Januar 2020 (hochgerechnet): 177 Mio. Euro
Rückgang der Belegung im Januar 2020 ggü. Januar 2021: 20,1 %
Erwarteter Rückgang der Belegung für das Gesamtjahr 2021 ggü. 2019: 13,8 %
Deckungsgrad erhaltene Ausgleichszahlungen vs. Erlösrückgänge der baden-württembergischen Krankenhäuser im Januar 2021: 51,2 %
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