Scheffold: Krankenhausfinanzierung und -reform müssen sofort nachgebessert werden
„Die Klinikdefizite im Land erreichen im neuen Jahr einen neuen Rekordwert von 1 Milliarde Euro! Sie steigen von Jahr zu Jahr, obwohl der Strukturwandel der Krankenhäuser bei uns schon weit fortgeschritten ist und wir bundesweit die wenigsten Krankenhausbetten und Krankenhauskosten pro Einwohner haben. Trotzdem schreiben mindestens 73 Prozent der Krankenhäuser im Land rote Zahlen. Den Krankenhäusern fehlen im Jahr 2025 noch einmal eine Milliarde Euro in ihren Wirtschaftsplänen. Zusammen mit den Defiziten aus den Jahren 2023 und 2024 ergibt sich damit ein Gesamtdefizit von über 2,5 Milliarden Euro in drei Jahren“, unterstreicht Heiner Scheffold, Vorstandsvorsitzender der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), die Ergebnisse einer aktuellen BWKG-Blitzumfrage zu den Wirtschaftsplänen der Krankenhäuser für das Jahr 2025.
„Besorgniserregend ist, dass die zusätzlichen Defizite von Jahr zu Jahr größer werden“, so der BWKG-Vorstandsvorsitzende. 2023 betrug die neu entstandene Finanzierungslücke 670 Mio. Euro und 2024 waren es 900 Mio. Euro und 2025 seien es nun 1 Mrd. Euro. Von den massiven Defiziten seien private, freigemeinnützige und öffentliche Kliniken gleichermaßen betroffen. Große Probleme wurden in den vergangenen Jahren vor allem bei freigemeinnützigen Kliniken deutlich. Hier gab es Insolvenzen und auch eine Rekommunalisierung. Inzwischen werde es aber auch für öffentliche Träger wie Städte und Landkreise immer schwieriger, die Finanzlücken aus eigener Tasche zu schließen. Dies gelinge nur noch, indem die Investitionen in anderen kommunalen Bereichen wie ÖPNV, Schulen, Straßen und Radwegen zurückgefahren werden, um nur einige Beispiele zu nennen.
„Dass sich die finanzielle Situation der Kliniken trotz der verbesserten Investitionsfinanzierung des Landes weiter verschlechtert zeigt, dass die Krankenhäuser vor allem unter den Fehlern der Betriebskostenfinanzierung leiden, für die der Bund verantwortlich ist“, so Scheffold weiter. Nach wie vor werden die Folgen des Preisniveauanstiegs aus den Jahren 2022 bis 2024 nicht vollständig finanziert. Hinzu kommen gesetzliche Eingriffe in die Berechnungsformel des Landesbasisfallwertes, die vor allem die Kliniken in Baden-Württemberg belasten.
„Nun ist der Bund gefragt, denn je länger die überfällige finanzielle Entlastung der Krankenhäuser auf sich warten lässt, umso größer werden die Defizite. Die neue Bundesregierung muss umgehend den Landesbasisfallwert um mindestens vier Prozent erhöhen – so, wie das der Bundesrat schon im November 2023 einstimmig gefordert hat“, fordert Scheffold. Gleichzeitig müsse die Bundesregierung die ungerechtfertigten Eingriffe der Ampel-Regierung in die Krankenhausfinanzierung schnellstmöglich zurücknehmen und die Berechnungsformel zum Landesbasisfallwert so ändern, dass bei sinkenden Fallzahlen die fixen Kosten weiterbezahlt würden.
„Die Krankenhausfinanzierung ist kein Almosen, sondern eine gesetzliche Verpflichtung des Bundesgesetzgebers, der er endlich nachgekommen muss“, betont Scheffold. Zumal die Stabilisierung der Klinikfinanzen zentrale Voraussetzung für eine geordnete Krankenhausreform sei. Ohne diese Stabilisierung würden womöglich Standorte geschlossen, die künftig für die Versorgung unbedingt gebraucht würden, oder es würden ungesteuert medizinische Leistungen abgebaut. Außerdem sei es überfällig, dass die Finanzierung der überdurchschnittlich hohen Personal- und Sachkosten im Land und die bereits erreichten Fortschritte im Strukturwandel in der Krankenhausfinanzierung berücksichtigt werden.
„Schnell handeln muss die neue Bundesregierung auch bei der Reform der überhastet verabschiedeten Krankenhausreform. Denn sie verfolgt zwar richtige Ziele, ist in der Ausgestaltung aber von vielen Schwächen und Lücken gekennzeichnet. Völlig falsch konstruiert ist beispielsweise die Vorhaltefinanzierung, die in der aktuellen Form mehr schadet als nützt“, so Scheffold. Die Vorhaltefinanzierung sollte in der aktuellen Form ausgesetzt und dringend überarbeitet werden. Prämissen bei der Überarbeitung des Reformgesetzes müssten die Sicherstellung der Versorgung, die Wahrung der Länderkompetenzen und die Vermeidung von Bürokratie sein.
„Die in der Krankenhausreform enthaltene Umstellung der Planung auf Leistungsgruppen wird von uns begrüßt“, stellt der BWKG-Vorstandsvorsitzende klar. Das mit dem Gesetz überhastet und ungeprüft eingeführte System müsse jedoch an vielen Stellen überarbeitet werden. Andernfalls seien Fehlplanungen mit erheblichen volkswirtschaftlichen Kosten und negativen Auswirkungen auf die Patientenversorgung vorprogrammiert. „Sorgfalt muss hier unbedingt vor Schnelligkeit gehen!“ betont Scheffold.
Weitere Informationen:
Die Zahl der Krankenhausbetten beträgt in Baden-Württemberg nach den Zahlen des Statistischen Bundesamts 467 je 100.000 Einwohner und ist damit die geringste im Bundesvergleich (Bundesdurchschnitt: 564). Tabelle 23111-01 in https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Krankenhaeuser/Publikationen/Downloads-Krankenhaeuser/statistischer-bericht-grunddaten-krankenhaeuser-2120611237005.xlsx?__blob=publicationFile&v=5
Entschließung des Bundesrates zur kurzfristigen wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und dauerhaften Refinanzierung aktueller sowie künftiger inflations- und tarifbedingter Kostensteigerungen
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2023/0501-0600/0592-23.html
Das Land hat seine Investitionsfinanzierung erhöht und Soforthilfen beschlossen: In den Jahren 2024 und 2025 gibt das Land im Rahmen von Soforthilfen jeweils 150 Mio. Euro zusätzlich, zusätzlich wird die Pauschalförderung ab dem Jahr 2025 dauerhaft aufgestockt.
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