Scheffold: Unterfinanzierung wird bewusst als Instrument der Krankenhausreform eingesetzt - vorbildliche Strukturen im Land werden so gefährdet
„Heute ist ein schlechter Tag für die Kliniken und die Gesundheitsversorgung im Land. Denn die Bundesregierung unternimmt in ihrer „großen Krankenhausreform“ nichts gegen die dramatische finanzielle Situation der Kliniken. Im Gegenteil: Sie setzt die Unterfinanzierung bewusst als krankenhauspolitisches Instrument ein“, erklärt Heiner Scheffold, der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) zur Verabschiedung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes im Bundesrat. Die finanzielle Situation der Krankenhäuser im Land sei dramatisch und spitze sich weiter zu. Allein für das Jahr 2024 werde von den baden-württembergischen Kliniken ein Defizit von 900 Mio. Euro erwartet. Zahlreiche Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zeigen, dass sich die Bundesregierung dieser Tatsache bewusst ist.
„Die Unterfinanzierung ist somit das strukturbestimmende Element der Krankenhausreform und ihre Wirkung ist schon jetzt spürbar. Alles andere, was in der Reform steht, wird erst in Jahren wirksam werden, wenn überhaupt“, macht Scheffold deutlich. Die Defizite seien vor allem durch die Inflationssprünge in den Jahren 2022 und 2023 entstanden. Damals wurden die dauerhaften Kostensteigerungen nur anteilig und nur vorübergehend finanziert. Diese Einmalzahlungen seien inzwischen ausgelaufen und die Inflation schlage nun voll auf die Jahresergebnisse durch. Hinzu käme, dass die Bundesregierung durch gesetzgeberische Eingriffe die Finanzierungsbasis der Krankenhäuser weiter geschmälert habe.
„Die Reform ignoriert nicht nur die bereits vorbildlichen Krankenhausstrukturen in Baden-Württemberg, dem Land entstehen sogar Nachteile daraus“, erklärt Scheffold. Land und Krankenhausträger setzten sich schon seit Jahren für den Strukturwandel ein und die Ergebnisse könnten sich sehen lassen. So habe Baden-Württemberg mit 467 Betten je 100.000 Einwohnern die effizienteste Krankenhausstruktur in Deutschland. Die Bettenziffer liege 17% unter dem Bundesdurchschnitt von 564 Betten. Sinnvolle Leistungsabstimmungen, zukunftsweisende Versorgungskonzepte und eine Konzentration hochspezialisierter Leistungen seien in Baden-Württemberg schon vielfach umgesetzt. Diese fortschrittlichen Strukturen hätten künftig aber keine Vorteile zur Folge, sondern sogar einen noch höheren Finanzdruck. Denn in der Finanzierungssystematik der Reform führen geringere Fallzahlen zu Nachteilen in der Vorhaltefinanzierung. Damit wird die Patientenversorgung ernsthaft gefährdet. Bis zuletzt hätten sich das Land und die BWKG dafür eingesetzt, diese Vorarbeiten zu honorieren.
„Man muss nüchtern feststellen: Diese Reform fügt der Krankenhausversorgung in Baden-Württemberg Schaden zu. Sie verstärkt den kalten Strukturwandel und schadet so der Versorgung der Menschen im Land“, ist sich Scheffold sicher. Viele Krankenhäuser hätten vergeblich gehofft, dass es vor den letzten Beratungen noch grundlegende Verbesserungen bei der Finanzierung geben werde. Diese Hoffnungen wurden nun bitter enttäuscht und es gebe Krankenhäuser und Krankenhausträger, die nun keine Reserven mehr hätten. In der Folge sei mit harten und ungesteuerten Einschnitten in die Versorgung zu rechnen, die von der Schließung einzelner Abteilungen bis zur Schließung ganzer Standorte reichen dürften.
„Darüber hinaus verschärfen die im KHVVG enthaltenen starren Strukturvorgaben und Mindestmengen die Situation der Krankenhäuser weiter. Das wird sich vor allem im ländlichen Raum negativ auswirken. Denn künftig sind Standortkooperationen mit einer Entfernung von mehr als zwei Kilometern nicht mehr möglich, und die geforderten Mindestfallzahlen können vermutlich vor allem in ländlichen Gebieten nicht mehr erfüllt werden. Dies alles wird zu Lasten der Patientinnen und Patienten gehen“, so Scheffold weiter.
„Die Krankenhausreform hat massive Fehler, die nun eine neue Bundesregierung reparieren muss. Damit geht wichtige Zeit verloren und die Reform ist mehr Hängepartie als Revolution“, so Scheffold weiter. Denn es werde sich schnell zeigen, dass diese Reform an vielen Stellen so nicht funktionieren kann. Neben dem Fehlen finanzieller Ausgleiche seien die Strukturvorgaben so starr, dass wichtige Strukturen abgebaut und bewährte Kooperationen beendet werden müssten. Kaum eine Rolle spielen dabei die Bedürfnisse der Bevölkerung. Damit sei die Diskussion über eine weitere Krankenhausreform eröffnet und die Unsicherheit setze sich fort.